Hat er? Hat er nicht? Drei Männer bestehen darauf, dass US-Autor Dan Brown schamlos abschrieb aus ihrem Buch über den Heiligen Gral. In «Sakrileg» spiele er gar mit den Namen der drei. Brown steht ab Montag vor Gericht.

Der Stargast ist ein scheuer Multimillionär. Das altehrwürdige Gericht, vor dem Dan Brown aussagen soll, passt gut zu den Schauplätzen seines Thrillers «The Da Vinci Code» (Titel der deutschen Übersetzung: «Sakrileg»). Der Royal High Court in London, 1882 von Königin Viktoria eingeweiht, ist ein Paradebeispiel für Bemühungen von Architekten um die Wiederbelebung der Gotik.
Rund 1000 Räume gibt es im Obersten Zivilgericht Englands. Auf einen davon konzentriert sich an diesem Montag nicht nur das Interesse von Brown-Lesern in aller Welt. Hoch bezahlte Rechtsexperten von Buchverlagen sowie der Filmindustrie verfolgen das Geschehen. Genau wie PR-Berater der Katholischen Kirche, die Dan Brown wohl nichts sehnlicher wünschen als eine fürchterliche Blamage.
Hat der Bestseller-Autor schamlos abgeschrieben? Muss sein Welthit «Sakrileg» aus den Buchhandlungen entfernt werden? Darf die Verfilmung des weltweit 48 Millionen Mal verkauften Thrillers mit dem Originaltitel «The Da Vinci Code» etwa gar nicht in die Kinos kommen?
Jesus zeugte mit Maria ein Kind
«Ja» würde die Antwort auf alle diese Fragen lauten, wenn es nach dem Willen von drei Männern ginge. Sie hatten sich schon vor rund einem Vierteljahrhundert in einem Sachbuch mit der später von Brown profitabel vermarkteten These beschäftigt: Jesus zeugte mit Maria Magdalena ein Kind und gründete damit eine Erblinie, die bis in unsere Zeit von der katholischen Obrigkeit skrupellos bekämpft wird.
Nach Angaben der Londoner «Times» verlangen die Kläger mindestens 10 Millionen Pfund (fast 15 Millionen Euro) dafür, dass sie ihre Vorwürfe der Verletzung von Urheberrechten aufgeben. Andernfalls wollen sie einen Bann für Browns «Da Vinci Code» sowie den Film in Großbritannien durchsetzen.
Folgenschwere Prozesse
Einem solchen Präzedenzfall könnten ähnlich folgenschwere Prozesse in anderen Ländern folgen.
Die Kläger sind Michael Baigent aus Neuseeland und der Amerikaner Richard Leigh. Zusammen mit dem Engländer Henry Lincoln, der sich aus gesundheitlichen Gründen der Klage nicht anschloss, hatten sie 1982 das Sachbuch «The Holy Blood and the Holy Grail» («Der heilige Gral und seine Erben») veröffentlicht.
Nun sagen Baigent und Leigh, dass ihre Grundstory einer kirchlichen Verschwörung, ja die «gesamte Architektur» ihres Buches, einfach für Browns Buch übernommen und zu einem Thriller ausgebaut wurde.
Filmfestspiele in Cannes
Besonders beachtet wird das Verfahren auch deshalb, weil es die Weltpremiere der Hollywood-Variante von «Da Vinci Code» mit Tom Hanks in der Starrolle bei den Filmfestspielen in Cannes Mitte Mai überschatten könnte. Vor allem aber, weil der Gerichtssaal zur Bühne für den amtierenden König des Genres Religionskrimi wird. Ausgerechnet der öffentlichkeitsscheue Dan Brown, der nur noch in Privatjets reist, weil er bei Linienflügen ständig um Autogramme gebeten wurde, soll vor laufenden Kameras aussagen.
Allerdings wird der Autor, der mit seinen Büchern umgerechnet schon 300 Millionen Euro verdiente, keineswegs als Angeklagter vor Gericht stehen. Er wurde als Zeuge im Verfahren «Baigent versus Random House» geladen. Nach englischem Recht ist «Plagiat» durch eine Person nicht justiziabel. Die Klage richtet sich deshalb gegen ein Unternehmen, Browns US-Verlag Random House.
Provokation mit Anagramm
Dessen Anwälte argumentieren, der Schriftsteller habe für «Sakrileg» legal eine Vielzahl unterschiedlicher Quellen verwendet. Baigent und Leigh führen ins Feld, Brown habe in erster Linie ihr Jesus-Buch «ausgeschlachtet». Er habe in «Sakrileg» sogar übermütig auf seine Hauptquelle aufmerksam gemacht: So sei der Charakter Leigh Teabing eine Anspielung auf die Männer, die jetzt als Kläger auftreten: Leigh stehe für Richard Leigh, Teabing sei eines der von Brown so gern verwendeten Anagramme und stehe für Baigent.
Im August 2005 war Brown von anderen Plagiationsvorwürfen freigesprochen worden: Damals ging es um Ideen aus zwei Büchern des Autors Lewis Perdue. Ein Gericht in New York entschied, dass die Ähnlichkeiten «nur oberflächlich» seien.
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